Er ist einer der bekanntesten Forscher weltweit: John Ioannidis von der Universität Stanford veröffentlichte 2005 ein tausendfach zitiertes Paper mit dem provokanten Titel: Why most published research findings are false, zu Deutsch: Warum die meisten veröffentlichten Forschungsergebnisse falsch sind. Nun kommt John Ioannidis ans Berliner Institut für Gesundheitsforschung / Berlin Institute of Health (BIH), gefördert von der Einstein Stiftung und der Stiftung Charité, um als Einstein BIH Visiting Fellow am QUEST Center des BIH eine Dependance seines Stanforder Forschungszentrums METRICS aufzubauen, das METRIC-Berlin. Gemeinsam wollen METRIC-Berlin und das BIH QUEST Center die Forschung am BIH und der Charité – Universitätsmedizin Berlin, in Berlin und darüber hinaus auf eine neue Qualitätsstufe stellen.
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek zeigte sich erfreut über den international hoch geachteten Forschungsgast: „Medizinische Forschungsergebnisse müssen qualitativ hochwertig, verlässlich und verwertbar sein, damit neue Therapien und Medikamente schneller den Patienten zugutekommen. Mit dem METRIC Berlin wird Professor John Ioannidis seine Initiative zur Qualitätssicherung in der medizinischen Forschung weiter vorantreiben. Damit leistet er einen wichtigen Beitrag, um diesen Transfer zu verbessern. Ich freue mich, dass Professor John Ioannidis für das Berliner Institut für Gesundheitsforschung als Einstein Visiting Fellow gewonnen werden konnte. Dies belegt erneut, dass der Forschungsstandort Deutschland eine große internationale Anziehungskraft ausübt. Ich wünsche Professor John Ioannidis und seinen Kollegen am Berliner Institut für Gesundheitsforschung viel Erfolg!“
John Ioannidis wird zunächst für drei Jahre Einstein BIH Visiting Fellow am Berlin Institute of Health sein. „Wir wollen herauszufinden, wie Forschung am besten funktionieren kann – und wie nicht“, umreißt Ioannidis sein Ziel für das METRIC Berlin. Dazu werden die Wissenschaftler*innen gemeinsam mit ihren Kolleg*innen vom BIH QUEST Center den Wissenschaftsprozess unter die Lupe nehmen: Welche wissenschaftlichen Methoden werden angewandt? Wie werden Ergebnisse erzielt, überprüft und veröffentlicht? Und wie werden Wissenschaftler*innen bewertet, welche Anreize und Belohnungen bestehen im wissenschaflichen System? „So wollen wir zu Empfehlungen kommen, die die Effektivität und den Wert der Forschung erhöhen – und damit die Bedeutung der Wissenschaft für die Gesellschaft“, erklärt Ioannidis.
Professor Axel Radlach Pries, Vorstandsvorsitzender (interim) des Berlin Institute of Health und Dekan der Charité, begrüßte den Zuwachs zum BIH: „Die Mission des BIH ist die Translation, also die Übertragung der Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die Anwendung. Nur wenn die Ergebnisse von hoher Qualität sind, kann der Schritt aus dem Labor zum Patienten gelingen. Diese Qualität bestmöglich zu fördern wird uns in Zukunft mit der Unterstützung des METRIC-Berlin noch besser gelingen.“ Der Vorstandsvorsitzende der Charité, Professor Karl Max Einhäupl, pflichtete ihm bei: „Die Qualität der medizinischen Forschung ist in vielen Fällen bereits herausragend, kann aber an anderer Stelle noch verbessert werden. Die hervorragende Forschung von John Ioannidis hat international eine Resonanz hervorgerufen, die einzigartig ist.“ Auch Professor Martin Lohse, Wissenschaftlicher Vorstand am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), freut sich über die Ankunft von Ioannidis in Berlin: „Die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit von Wissenschaft ist für uns Grundlagenforscher essentiell. Deshalb freuen wir uns, wenn in Berlin die Qualitätssicherung unserer Leistungen auf diesem Weg herausgestellt werden kann.“
Die Stiftung Charité fördert seit 2014 den internationalen Austausch am BIH über mehrere Programme ihrer Privaten Exzellenzinitiative Johanna Quandt. 19 Einstein BIH Visiting Fellows kamen seit der Gründung des BIH nach Berlin, darunter so prominente Vertreter wie die Nobelpreisträger Thomas Südhof, Edvard Ingjald Moser oder Brian Kobilka. Die Stiftung Charité fördert die Einstein BIH Visiting Fellows zusammen mit der Einstein Stiftung. Professor Dr. E. Jürgen Zöllner, Vorstand der Stiftung Charité, begrüßte John Ioannidis in Berlin: „Die Stiftung Charité freut sich, mit John Ioannidis als neuem Einstein BIH Visiting Fellow den wohl wichtigsten Unterstützer für Berlin gewonnen zu haben, um die Forschungspraxis und Leistungskultur in der Biomedizin tatsächlich auf Dauer grundlegend zu verbessern.“
„Wir sind der Einstein Stiftung und der Stiftung Charité sehr dankbar für die Gelegenheit, hier in Berlin gemeinsam mit dem QUEST Center am BIH unsere Forschung auszubauen,“ sagte John Ioannidis während der Pressekonferenz. In seinem viel zitierten Paper beschreibt John Ioannidis, dass viele spektakuläre Forschungsergebnisse, insbesondere aus der biomedizinischen Forschung, nicht reproduzierbar seien. Grund dafür könnten zu kleine Stichproben, ein falscher Versuchsaufbau, vorgefasste Hypothesen oder falsche Interpretationen sein. „Es hat sich in den letzten Jahren schon einiges verbessert, in der biomedizinischen Forschung“, so Ioannidis. „So achten etwa die Fachjournale intensiver darauf, dass die eingereichten Arbeiten bestimmten Qualitätskriterien genügen. Und Förderorganisationen unterstützen auch Forschungsvorhaben, die die Ergebnisse Anderer überprüfen. Dennoch bleibt noch viel zu tun, bevor wir unser Ziel erreicht haben, dass die meisten Forschungsergebnisse korrekt sind!“
Ioannidis´ Gastgeber ist Professor Ulrich Dirnagl, Leiter der Abteilung für Experimentelle Neurologie der Charité und Gründer des QUEST Center am BIH, das ebenfalls das Ziel verfolgt, die Qualität und damit den Nutzen der biomedizinischen Forschung zu erhöhen. QUEST steht für Qualität, Ethik, Open Science und Translation. „John Ioannidis ist einer der Gründungsväter und führenden Forscher einer ganzen Wissenschaftsdisziplin, der ‚Metaresearch‘“, betonte Dirnagl. „Metaresearch ist der Schlüssel zur Analyse von Schwachstellen, aber auch von Erfolgsmodellen und ‚best practice‘ in der Wissenschaft. Sie liefert die wissenschaftliche Grundlage für Maßnahmen, mit denen wir die Forschung am BIH zum Wohle unserer Patienten weiter verbessern wollen. Wir sind begeistert, dass wir dies nun mit John als Einstein BIH Visiting Fellow und seiner Arbeitsgruppe im Zentrum METRIC-B auf einer völlig neuen und international noch sichtbareren Art und Weise tun können.“