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Je früher Jugendliche mit dem Konsum von Alkohol beginnen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie später im Leben problematische Konsummuster oder eine Abhängigkeit entwickeln. Daher kommen Präventionsprogrammen für Jugendliche eine hohe Bedeutung zu. Verschiedene Interventionsprogramme haben jedoch begrenzte Wirkungen gezeigt, weil sie entweder auf falschen Annahmen über die Motive von Jugendlichen oder auf fehlerhaften Programmtheorien basierten. Ein besseres Verständnis dessen, was Kinder und Jugendliche dazu veranlasst, Alkohol und andere Rauschmittel zu konsumieren, hat in jüngster Zeit zu wirksameren Programmen geführt. Insbesondere der soziale Druck scheint hier eine wichtige Rolle zu spielen. Viele der schulischen Präventionsprogramme umfassen Aspekte eines Kompetenztrainings im Umgang mit Alkohol, wobei jetzt ein besonderer Schwerpunkt darauf liegt, einen effektiven Umgang mit sozialem Druck zu erlernen.

Im Projekt VR FestLab wird die Fragestellung untersucht, ob durch eine virtuelle Party (dänisch: „fest“)-Simulation die Kompetenzen von Jugendlichen im Umgang mit Alkohol gestärkt werden können. Das Forschungsprojekt besteht aus zwei Teilprojekten. Das Ziel der ersten Teilstudie war die Entwicklung einer virtuellen Party als gamifizierte Simulation mittels eines Co-Creation-Prozesses, der Jugendliche unmittelbar in die Entwicklung der Anwendung involvierte. Hierbei wurde auf die Methode des „Living Lab frameworks“ (1) zurückgegriffen, in dem der Co-Creation-Prozess in sechs verschiedene Phasen eingeteilt wird, an denen in einem Real-Life-Setting die relevanten Stakeholder aktiv beteiligt sind. In dem Prozess waren Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen aus den Bereichen Prävention und Spiele-Design, Forschende aus dem Bereich Social Marketing, ein*e Filmproduzent*in und elf Jugendliche, die die Gruppe der zukünftigen Nutzer*innen repräsentierten, beteiligt.

An der Schule der Jugendlichen fanden im Rahmen des Co-Creation-Prozesses Workshops, Dreharbeiten für die Simulation und nachfolgende Interviews statt. Als Vorlage diente eine virtuelle Simulation aus Australien, die von den Jugendlichen so angepasst wurde, dass er in den lokalen Kontext und die Kultur passte. Außerdem wurden Mini-Spiele in die Intervention eingebunden, die von den Forschenden zunächst nicht angedacht waren. Mit weiteren Jugendlichen als Darsteller*innen wurden die Filmszenen für die Stimulation gedreht (Abbildung 1).

Der VR FestLab-Prototyp ist das Zwischenergebnis dieses Prozesses: In der Simulation kann man sich durch eine Party bewegen und verschiedene Entscheidungen in Situationen treffen, in denen man von Peers entweder zum Trinken von Alkohol oder von nicht-alkoholischen Getränken animiert wird (Abbildung 2).

Das soll das Bewusstsein für die Beeinflussung eigener Entscheidungen durch sozialen Druck erhöhen. In einer bereits veröffentlichten Publikation werden die Schritte des Co-Creation-Prozesses und die wahrgenommene Rolle der Jugendlichen in Bezug auf ihre Beteiligung und ihren Einfluss in diesem Prozess beschrieben (2).

Im zweiten Teilprojekt wird die virtuelle Party-Simulation „VR FestLab“ getestet und weiterentwickelt. Ziel ist es zu untersuchen, inwieweit die Simulation die alkoholbezogenen Kompetenzen von Jugendlichen im Umgang mit dem sozialen Druck durch Gleichaltrige stärken kann. Die Effekte werden in einer cluster-randomisierten Studie bei dänischen Schüler*innen im Alter von 15-18 Jahren untersucht. Weiterhin ist die Entwicklung einer deutschsprachigen Version in Arbeit, die hinsichtlich der präventiven Effekte an Schulen in Berlin und Brandenburg getestet werden soll.

Das Projekt läuft seit 2018 und wird aus Eigenmitteln und Mitteln von TrygFonden (Danish Safety Foundation) finanziert.

Der Artikel „Co-creating a virtual alcohol prevention simulation with young people“ (2) wurde mit dem QUEST Award für Patient & Stakeholder Engagement ausgezeichnet.

Weitere Informationen zum Projekt finden sich hier.

Konsortium

  • Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Charité – Universitätsmedizin Berlin
  • Unit for Health Promotion Research, University of Southern Denmark
  • Mærsk Mc-Kinney Møller Institute, Embodied Systems for Robotics and Learning, University of Southern Denmark
  • Social Marketing @ Griffith, Griffith Business School, Griffith University, Brisbane, Australia

Referenzen

  1. Dell'Era, C., & Landoni, P. (2014). Living Lab: A methodology between user‐centred design and participatory design. Creativity and Innovation Management, 23(2), 137-154. doi: 10.1111/caim.12061
     
  2. Vallentin-Holbech, L., Dalgaard Guldager, J., Dietrich, T., Rundle-Thiele, S., Majgaard, G., Lyk, P., & Stock, C. (2020). Co-creating a virtual alcohol prevention simulation with young people. International Journal of Environmental Research and Public Health, 17(3), 1097. doi: 10.3390/ijerph17031097

Kontakt

Prof. Dr. Christiane Stock

Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft

Charité – Universitätsmedizin Berlin

Kontaktinformationen
Telefon:+49 30 450 529 139
E-Mail:christiane.stock@charite.de