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Das Projekt „FRAUEN 5.0 – Regionale Versorgung von Frauen über 49 Jahren durch Fachärztinnen und Fachärzte für Gynäkologie und Allgemeinmedizin“ des Instituts für Allgemeinmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin untersuchte von 2017 bis Anfang 2020 die regionale Versorgungslage von Frauen ab 50 Jahren in drei Bundesländern im Nordosten Deutschlands. Hierbei wurden die Perspektiven der ambulant tätigen Fachärzt*innen für Allgemeinmedizin und Gynäkologie, der Frauen und der Versorgungsgestalter der Region gleichermaßen untersucht und damit eine solide Datengrundlage geschaffen und Vertrauen unter den Akteuren hergestellt. Daraufhin wurde im Projekt ein Konzept für ein innovatives Modellprojekt der ambulanten Versorgung „von der Region für die Region“ erarbeitet, bei dem alle Perspektiven berücksichtigt wurden und welches die Sicherstellung eines niedrigschwelligen regional gerechten Zugangs zur gynäkologischen Versorgung der Frauen ab 50 Jahren ermöglicht.

Im Projekt wurde Partizipation als Teilhabe verstanden. Es wurde ein Erkenntnisprozess initiiert, an dem möglichst alle Akteur*innen beteiligt wurden, die Entscheider, Zielgruppe oder Umsetzer geplanter Maßnahmen und somit von der Einführung des Projekts betroffen sind. Dabei wurden zentrale Aspekte des partizipativen Forschungsdesigns nach von Unger (2014) umgesetzt.

Hierzu gehören:

  • Beteiligung von Akteur*innen, deren Lebens- und Arbeitswelt erforscht wird, als Co-Forschende mit Entscheidungsmacht am Forschungsprozess
  • Befähigungs- und Ermächtigungsprozesse/Empowerment: Gemeinsames Voneinander-Lernen, Kompetenzentwicklung und (Selbst-)Ermächtigung und die damit einhergehende Perspektivenverschränkung in der Zusammenarbeit
  • Verständnis und Veränderung der sozialen Wirklichkeiten der Akteur*innen 

Im Projektverlauf wurde Partizipation entlang der Phasen im Kontinuum der Partizipation nach Chung & Lounsbury (2006) aufbauend umgesetzt:

  1. Quantitative Befragung der Grundversorgenden (Hausärzt*innen und niedergelassene Gynäkolog*innen) und Befragung der Patientinnen durch qualitative Interviews (compliant participation, „übliche“ Teilnahme)
  2. Gezielte Beratung (directed consultation) durch Beratenden der im Beirat involvierten Fachgruppen (zeitgleich mit Schritt 1)
  3. Gegenseitige Beratung (mutual consultation) auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Schritten 1 und 2 mit Berufsverbänden, Kassenärztlichen Vereinigungen, Ärztekammern und Fachgesellschaften
  4. Zusammentragen aller Ergebnisse in eine stärkende Partnerschaft (empowering co-investigation), die zusätzlich auch Versorgungsdienstleistende einlud, am Forschungsdesign mitzuwirken

Innerhalb dieses Projektverlaufs konnten somit die (Co-)Forschenden innerhalb von zwei Jahren von der Teilnahme zur Teilhabe gelangen. Die Beteiligten selbst erarbeiteten regionale Konzepte für ihre Region und hatten dadurch Einfluss auf die Forschung. Diese Art von Partizipation bedeutete auch eine Anpassung der Publikationsform: Das gemeinsam erarbeitete Konzept wurde als Policy Brief/Executive Summary veröffentlicht und den Teilnehmer*innen zum Abschlusssymposium im Januar 2020 vorgelegt. Diese Publikationsform stellt eine rasche Weiterleitung und Vorlage bei den Entscheidungsträgern sicher.

Das Projekt wurde durch Mittel des Innovationsausschusses des Gemeinsamen Bundesausschusses zwischen Juli 2017 und Februar 2020 gefördert. Konsortialpartner des Projekts ist das Robert Koch‐Institut.

Weitere Informationen zum Projekt

Literatur:

Chung, K., & Lounsbury, D. W. (2006). The role of power, process, and relationships in participatory research for statewide HIV/AIDS programming. Social Science & Medicine, 63(8), 2129-2140.

von Unger, H. (2014). Partizipative Forschung. Einführung in die Forschungspraxis. Wiesbaden: Springer VS.