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Mehr wissenschaftliches Wissen führt nicht zwangsläufig zu einem größeren medizinischen Nutzen. Die Frage, wie biomedizinische Erkenntnisse erfolgreich in neue Diagnosen, Therapien und Präventionsmaßnahmen überführt wird, beschäftigt die Translations­forschung weltweit. Professor Ernst Th. Rietschel, Vorstandsvorsitzender des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung/Berlin Institute of Health (BIH), beschreibt zusammen mit Professorin Leena Bruckner-Tuderman (DFG), Dr. Georg Schütte (BMBF) und Professor Günther Wess (Helmholtz Zentrum München) in der Zeitschrift Science Translational Medicine*, vor welchen Hürden erfolgreiche Translation steht.

Translation ist ein Disziplinen-verbindender Prozess, der die Entdeckung von Wirkprinzipien sowie ihre Entwicklung und Erprobung an Patientinnen und Patienten umfasst und darauf ausgerichtet ist, neue Verfahren der Diagnostik, Therapie und Prävention zu finden. Dies geschieht auch mit dem Ziel, etablierte Ansätze in Frage zu stellen, weiterzuentwickeln oder zu revidieren.

Als elementare Hürde für erfolgreiche Translationsforschung sehen die Autorin und die drei Autoren ganz allgemein eine enge Zusammenarbeit aller beteiligten Einrichtungen, seien es Wissenschafts­einrichtungen, Universitäten oder Kliniken. Erfolgsfaktoren dafür sind u. a. eine enge, langfristige Vernetzung und/oder räumliche Nähe. Moderne Strukturen zur Integration von Wissen und ein neues Verständnis der Aus- und Weiterbildung in der translationalen Forschung sind dafür eine wichtige Grundlage.

Hürden in der Translationsforschung zu überwinden bedeutet auch, dass Grundlagenwissen­schaftlerInnen, klinische WissenschaftlerInnen und in der Praxis Tätige die Sprache, das Denken und Arbeiten der anderen Disziplinen besser verstehen und sich als Teil eines Teams verstehen. Die Teamarbeit ist essenziell, denn in der translationalen Forschung geht es nicht um individuelle Leistungen.

Für erfolgreiche Translation brauchen diejenigen Ärztinnen und Ärzte, die in Kliniken tätig sind, Zeit. Zeit für Forschung, die nicht vorrangig durch ihr wirtschaftliches Potenzial definiert ist, sondern sich an einem besseren Verständnis grundlegender molekularer Mechanismen von Krankheiten orientiert. Diese Art von Wissen könnte dazu beitragen, dass Diagnosemethoden, Therapien und Wirkstoffe in den Phasen klinischer Erprobung schneller und effizienter in die Praxis gebracht werden und Innovationen in der angewandten Medizin weiter gefördert werden.

Die translationale Forschung steht zudem vor der Herausforderung, neue Erfolgskriterien und -indikatoren zu definieren. Hierzu gibt es national wie international verschiedene Ansätze, die weiterentwickelt werden müssen, insbesondere zur Leistungsbewertung. Zwei weitere zentrale Hürden der translationalen Forschung sind Finanzierungsmöglichkeiten (u. a. Partnerschaften von öffentlichen Fördereinrichtungen und Industrie) und neue Karrierewege für WissenschaftlerInnen in translationalen Forschungsprojekten, die die Translationsforschung attraktiv machen.

Kontakt:

Dr. Stefanie Seltmann
Leiterin Kommunikation und Marketing
Tel. +49 (0)30 450 543 019
E-Mail: s.seltmann@bihealth.de

* E. T. Rietschel, L. Bruckner-Tuderman, G. Schütte, G. Wess, Moving medicine forward faster, Sci. Transl. Med 4 March 2015: Vol. 7 no. 277 pp. 277ed2