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Der rapide Fortschritt in den molekularbiologischen Technologien führt zu einer Datenexplosion in der biomedizinischen Forschung und in der klinischen Diagnostik. Ziel der translationalen Bioinformatik ist es, zielgerichtete neue Analyse- und Auswertungsmöglichkeiten für diese Datenmengen zu entwickeln, um Innovationen zum Wohl der Patient*innen umzusetzen. Es ist z. B. wünschenswert Informationen aus Genom- oder Einzelzellanalysen zur differenzierten Diagnose und für optimale Behandlungsentscheidungen nutzbar zu machen, „doch das ist gar nicht so einfach“ erklärt Professor Dieter Beule und wählt als Beispiel die genetisch bedingten Erkrankungen: „Bei drei Milliarden Bausteinen, die das menschliche Erbgut aufweist, stößt jeder Mensch bei der Analyse an seine Grenzen. Man braucht innovative Algorithmen, leistungsfähige Software und neue Verfahren, um eine wirksame interdisziplinäre Zusammenarbeit zu ermöglichen. Nur so können die vielfältigen individuellen Unterschiede sicher entdeckt und zuverlässig bewertet werden, welche davon klinisch relevant sind und damit entscheidend für die Behandlungsstrategie sein können.“

Nutzen für Forscher*innen und Patient*innen

Die Bereitstellung von Lösungen, die Forscher*innen und Klinker*innen dabei helfen „die Nadel im Heuhaufen“ zu finden, ist Aufgabe der Core Unit Bioinformatics, die Dieter Beule seit sechs Jahren leitet. Mit der Software „VarFish“ gelang der Core Unit eine Neuentwicklung, die speziell das Auffinden der genetischen Ursachen von Seltenen Erkrankungen erleichtert und sich in der innovativen Diagnostik ebenso wie in vielen Forschungsprojekten bestens bewährt hat. „Doch das ist natürlich nur ein Aspekt der Arbeit in der Translationalen Bioinformatik“, sagt Dieter Beule, der seine Professur am 15. August 2021 angetreten hat. „Wir wollen die vielen verschiedenen molekularen Daten für möglichst viele wissenschaftliche Fragestellungen und klinische Innovationen nutzbar machen. Dazu muss man diese zuverlässig und nachvollziehbar analysieren, und dann so verfügbar machen, dass sie für die interdisziplinäre biomedizinische Forschung und innovative Diagnostik effektiv nutzbar sind.“

Schwierig sind dabei nicht nur die schieren Datenmengen und die notwendigen hohen Rechenleistungen, sondern insbesondere die Vielfalt und Komplexität der sogenannten Metadaten welche die experimentellen oder biomedizinischen Einflussfaktoren beschrieben. Eine andere Herausforderung ist die hohe Innovationsgeschwindigkeit bei den molekularbiologischen Verfahren, welche immer wieder neue Datentypen erzeugt und damit neue Analyseverfahren notwendig macht. Das langfristige Ziel der Professur „Translationale Bioinformatik“ ist es daher, Algorithmen, Software, Prozesse und Systeme für ein modulares „Datenanalyse-Ökosystem“ für das Management und die Analyse solcher Datentypen im Bereich der klinischen Translation zu entwickeln.

Wichtiger Schritt für die Mission des BIH

Die neue Professur für Translationale Bioinformatik ist eingebettet im BIH Center Functional Genomics in der Sektion Exploratory Diagnostic Sciences, die sich vornehmlich mit der Diagnostik von Krankheiten beschäftigt. Professor Christopher Baum, Vorsitzender des BIH Direktoriums und gleichzeitig Vorstand des Translationsforschungsbereiches der Charité, sieht im Ausbau der Bioinformatik einen wichtigen Schritt für die Mission des BIH: Aus Forschung wird Gesundheit. „Die Zukunft der Medizin ist individuell: Jede Patientin und jeder Patient benötigt ein auf die besondere persönliche Konstellation zugeschnittenes Behandlungs- und Präventionsangebot. Entscheidend wird dabei zunehmend die Tiefe der molekularen Diagnostik und die Qualitätssicherung der bioinformatischen Auswertung. Professor Beule und sein Team leisten hierfür hervorragende, international stark nachgefragte Arbeit!“

Dieter Beule wurde 1966 in Winterberg (Westf.) geboren und studierte Physik an den Universitäten von Freiburg und Sussex (UK), sowie an der Technischen Universität Berlin. 2004 promovierte er an der Humboldt-Universität zu einem Thema in der Statistischen Physik. Seit 1998 arbeitete er als Bioinformatiker am Institut für Theoretische Biologie an der Humboldt-Universität und forschte über Expressionsanalyse und Transkriptionsfaktorbindungsstellen. In den Jahren 2001 bis 2014 gründet und etablierte er erfolgreich zwei Firmen in den Bereichen Bioinformatik-Dienstleistungen, Biomedizinische Software und In-Vitro Diagnostik Geräte. Seit 2015 baute Dieter Beule die neue Core Unit Bioinformatics am BIH auf und leitet dort seit 2017 zusätzlich auch die High-Performance Compute Einheit. Die Core Unit Bioinformatics bietet hochspezialisierte Datenanalyseleistungen für die biomedizinische Forschung am BIH, am MDC und an der Charité und entwickelt neue Methoden und Technologien für die bioinformatische Datenverarbeitung. Die Forschung von Professor Beule fokussiert auf die Entwicklung von Methoden zur effizienten, reproduzierbaren und zuverlässigen Omics-Datenanalyse und die Entwicklung neuer Technologien zur interdisziplinären Datennutzung, einschließlich der notwendigen System- und Prozess-Innovationen. Er ist an zahlreichen großen Forschungsnetzwerken beteiligt, etwa dem Humangenom-Phenomarchiv (GHGA) im Rahmen der Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI), dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) oder der deutschen Genome-Initiative (genomDE).

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