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Der mit insgesamt 500.000 Euro dotierte Einstein Foundation Award zeichnet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Institutionen aus, die grundlegend zur Verbesserung der Qualität von Forschung und Belastbarkeit von Forschungsergebnissen beitragen. „Wir freuen uns, Paul Ginsparg und das Center for Open Science mit dem ersten Einstein Foundation Award zu würdigen. Sie tragen seit Jahren entscheidend dazu bei, hochwertigere Forschungsergebnisse zu erzielen und den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Einstein Stiftung, Martin Rennert. „Die Preisträger verkörpern in idealer Weise das Ziel des Preises: Durch die Förderung von systemischer Forschungsqualität nachhaltig das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken.“

Paul Ginsparg ist der Urheber der ersten frei zugänglichen Onlineplattform arXiv.org zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Vorab-Publikationen, sogenannter Preprints. Damit hat er die Grundlage für eine Revolution des wissenschaftlichen Publizierens gelegt. Preprint-Archive bieten einen erleichterten Zugriff auf neueste Forschungsdaten aus der ganzen Welt und haben sich seither in vielen Wissenschaftsbereichen etabliert. Dies hat entscheidend zur raschen Bekämpfung der Corona-Pandemie beigetragen. Auch das Center for Open Science hat den Wissenschaftsbetrieb in den vergangenen Jahren nachhaltig transformiert: Es stellt Forschenden die notwendigen Instrumente und digitalen Infrastrukturen zur Verfügung, um Studien wiederholbar und transparenter zu gestalten.

Das Preisbüro des Einstein Foundation Award wird geleitet vom Gründungsdirektor des QUEST Centers am Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), Professor Ulrich Dirnagl. Er sagte anlässlich der Verleihung: „Der Einstein Foundation Award for Promoting Quality in Research ist eine fantastische Gelegenheit, Forscherinnen, Initiativen und Einrichtungen ins Rampenlicht zu rücken, welche sich um die Verbesserung der Vertrauenswürdigkeit, der Transparenz und der Nützlichkeit von Forschung verdient gemacht haben. Dies sind auch die zentralen Anliegen des QUEST-Centers, weshalb wir nicht nur die Preisträger, sondern auch die Einstein Stiftung hierzu beglückwünschen und voll unterstützen.“ Das QUEST (Quality, Ethics, Open Science, Translation) Center, die Max-Planck Förderstiftung sowie der Verlag Nature Portfolio unterstützen den Einstein Foundation Award bei der Etablierung des Preises.

Eine hochkarätig besetzte Jury, die verschiedene Disziplinen und Regionen der Welt repräsentiert, wählt die Preisträger aus. „Der langjährige Einsatz für mehr Transparenz, Offenheit, Verlässlichkeit in der Forschung und ihr Idealismus im wissenschaftlichen Arbeiten haben die Jurymitglieder an den Preisträgern überzeugt“, sagt der Juryvorsitzende und ehemalige Präsident des Schweizerischen Nationalfonds, Dieter Imboden. Zur Preisjury 2021 zählen zudem die Präsidentin der US National Academy of Sciences, Marcia McNutt, die Direktorin der Royal Society, Julie Maxton, der Wirtschaftsnobelpreisträger Al Roth, die Wissenschaftshistorikerin Lorraine Daston, der Neurowissenschaftler Alastair Buchan, die Philosophen Moshe Halbertal und Susan Neiman, der Informatiker Michel Cosnard, die Psychologin Dorothy Bishop, die Wirtschaftswissenschaftler Lena Lavinas und Edward Miguel, die Psycholinguistin Suzy Styles sowie die bei der Weltbank tätige Sozialwissenschaftlerin Soazic Elise Wang Sonne.

Der Preis wird in drei Kategorien vergeben: An Einzelpersonen, Institutionen und an Nachwuchsforschende. Er wird ermöglicht durch eine großzügige Spende des Preisgelds über zehn Jahre durch die Damp Stiftung. Zudem wird er vom Land Berlin gefördert. Der ehemalige Senator für Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin, Jürgen Zöllner, sagt zur Motivation der Damp Stiftung, man hoffe, „dass der neue Preis zu einem langfristigen Kulturwandel in der Wissenschaft beiträgt und wissenschaftliche Qualitätsstandards eine noch größere Aufmerksamkeit und Anerkennung erfahren“.

Auf der Preisverleihung am 24. November richtete Melinda French Gates, die Ko-Vorsitzende und Stifterin der Bill & Melinda Gates Stiftung, ein Grußwort an die Zuschauer und appelliert an mehr Kooperationsgeist in den Wissenschaften: „Selbst die stolzesten Forscher werden zugeben, dass sie allein nicht erfolgreich sein können. Es ist großartig, dass der Einstein Foundation Award nicht nur diejenigen auszeichnet, die Krankheiten bekämpfen oder den Planeten schützen, sondern auch jene, die die Forschungsqualität an sich stärken.“ French Gates betonte darüber hinaus, dass Wissenschaft institutionelle Unterstützung brauche: „Wir alle können mehr tun, um die Forschung und die Zusammenarbeit zu stärken, nicht nur an Orten, die wir unser Zuhause nennen, sondern in der ganzen Welt.“

Informationen zu den Preisträgern:

Individual Award: Paul Ginsparg, Cornell University

Paul Ginsparg ist Professor für Physik und Informationswissenschaft an der Cornell University, USA. 1991 gründete er mit arXiv.org („The Archive“) einen Dokumentenserver für Preprints (Vorab-Publikationen), auf denen wissenschaftliche Erkenntnisse veröffentlicht werden, die noch keinen Begutachtungsprozess eines Wissenschaftsjournals durchlaufen haben. Die Preprint-Server stellen Archive für Fachpublikationen dar, die es der Wissenschaftsgemeinschaft erlauben, Ergebnisse transparent zu diskutieren und zu vergleichen. Außerdem können Forschende dort zusätzlich Originaldaten, Computersimulationen und andere Details frei zugänglich der weltweiten Forschergemeinschaft zur Verfügung stellen. ArXiv.org ist zum Vorbild für eine Reihe solcher Plattformen in nahezu allen Bereichen der Wissenschaft geworden. Heute versammelt das Portal knapp zwei Millionen wissenschaftliche Artikel aus den Bereichen Physik, Mathematik, Informatik, quantitative Biologie, quantitative Finanzen, Statistik, Elektrotechnik, Systemwissenschaften sowie Wirtschaftswissenschaften. Paul Ginsparg ist die treibende Kraft bei der Weiterentwicklung und Verbesserung von arXiv und leistet Pionierarbeit für den Einsatz neuer Technologien zur automatischen Qualitätskontrolle. Der Individual Award ist mit 200.000 Euro dotiert.

Institutional Award: Center for Open Science

Das Center for Open Science (COS) ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Charlottesville, Virginia, USA, deren Ziel es ist, die Zugänglichkeit, Integrität und Reproduzierbarkeit wissenschaftlicher Forschung zu erhöhen. Das COS möchte einen globalen Kulturwandel anstoßen. Dafür setzt es auf individuelle Anreize für eine bessere Wissenschaftspraxis, den Ausbau von Forschungsinfrastrukturen und neue Businessmodelle zur Wissenszirkulation. Den Forschenden stellt es mit dem Open Science Framework einen Instrumentenkasten zur Verfügung, um den gesamten Forschungsprozess von der ersten Idee bis zum Ergebnis transparent, frei zugänglich, kooperativ und nachvollziehbar zu gestalten und darzustellen. Autorinnen und Autoren bietet es darüber hinaus einen eigenen Kriterienkatalog an, der als Bewertungsmaßstab für die Open Science Praktiken von Zeitschriften dient. Mit ihren 2015 ins Leben gerufenen Transparency and Openness Promotion Guidelines (TOP) hat das COS die Publikationspraxis grundlegend verändert: Bis dato 5000 Unterzeichner, darunter die namhaftesten Journale, haben sich auf die Richtlinien verpflichtet. Insbesondere in den Sozialund Verhaltenswissenschaften, den Lebenswissenschaften, den Naturwissenschaften und der Bildungsforschung hat die derzeit von mehr als 350.000 Forscherinnen und Forschern genutzte Plattform einen großen Stellenwert. Die Preissumme in der Kategorie Institutional Award beträgt 200.000 Euro.

Early Career Award I Shortlist

Auf die Shortlist der Early Career Kategorie des Preises wurden vier Forschungsprojekte gesetzt. Die Gewinner des Nachwuchsforschungspreises erhalten 100.000 Euro für die Durchführung ihres Vorhabens.

– #EEGManyLabs von Yuri Pavlov (Universität Tübingen/ Ural Federal University, Russland). Experimente im Bereich der Elektroenzephalografie (EEG), auf denen heutiges Wissen und Anwendungsstandards basieren, sollen durch ein internationales Team aus Forschenden verschiedener Institutionen wiederholt und so auf Validität geprüft werden. #EEGManyLabs will mit dem Projekt zum einen das Vertrauen in die EEG-Forschung stärken und zum anderen eine frei zugängliche Datenbank für künftige Forschungsprojekte schaffen.

– Leveraging Big Team Science to Expand Research in Africa von Patrick Forscher (Busara Center for Behavioral Economics, Nairobi, Kenya). Patrick Forscher möchte Forschende in Afrika beim Aufbau eigener Psychologielabore durch Ressourcen und Wissenstransfer unterstützen. Gemeinsam mit ihnen sollen Messmethoden entwickelt werden, die kulturelle Spezifika berücksichtigen, und somit generalisierbarere Studien in der Psychologie ermöglichen. Die Erkenntnisse werden in sechs afrikanische Sprachen übersetzt und frei zugänglich gemacht, um so in der Zukunft mehr Wissen aus diesem Teil der Welt in die Forschung einfließen zu lassen

Gewinner des Nachwuchspreises ist das Projekt ManyBabies5 von Jessica Kosie und Martin Zettersten (beide Princeton University, USA). Das Team plant eine großangelegte und interkulturelle Studie zur Aufmerksamkeitssteuerung bei Kleinkindern. Derzeitige Theorien hierzu basieren größtenteils lediglich auf Studien mit wenigen Probanden vorwiegend aus westlichen Industriestaaten. Das ManyBabies5-Team, bestehend aus mehr als 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 122 Laboren in 40 Ländern und auf sechs Kontinenten. Ihr Ziel ist, Forschungen im Bereich der Entwicklungspsychologie belastbarer und allgemeingültiger zu gestalten.

– Reimagining Disability Research Ethics von Danielle Peers und Lindsay Eales (beide University of Alberta, Kanada), Kristin Snoddon, (Ryerson University, Kanada) und Katie Aubrecht (St Francis Xavier University, Kanada). Bestehende Forschungsethiken zielen hauptsächlich auf den Schutz von Menschen mit Behinderung ab, ohne diese jedoch unmittelbar einzubinden – selbst wenn es um Studien über die jeweilige Beeinträchtigung geht. Das Team möchte diese Regeln und Praktiken überarbeiten. Ziel ist eine inklusivere, vertrauenswürdigere und freier zugängliche Forschung, welche das Wissen und Verständnis von Menschen mit Behinderung einbezieht.

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