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Die EZM muskuloskeletaler Gewebe übernimmt in der Physiologie zentrale Funktionen. Neben zahlreichen biochemischen Aufgaben definiert sie physikalische Reize für Zellen und dient ihnen als Gerüst. In lebenden Geweben ist Wasser ein Hauptbestandteil sowohl der intra- als auch extrazellulären Mikroumgebung, bei Sehnen beispielsweise 62 Prozent. In der vorliegenden Publikation, die auf der Dissertation von Dr. Matthias Kollert basiert, geht es um die Rolle der Wasserbindungseigenschaften der EZM in Sehnen. Im Fokus stehen die Modulation der Wasserbindung durch Ionenkonzentration sowie die elektrostatischen Eigenschaften geladener Proteoglykane – Makromoleküle, die insbesondere in Bindegewebe, Knorpel und Bandscheiben vorkommen – und ihr Einfluss auf Elastizität und Stress-Relaxation der Matrix.

„Wir haben die Ionenkonzentration von Inkubationslösungen variiert, um die Funktion von EZM-Komponenten in frischen Gewebeproben zu modulieren“, erklärt Prof. Georg Duda, Direktor des Julius Wolff Instituts (JWI) am BIH, der die Dissertation zusammen mit Prof. Viola Vogel, Einstein BIH Visiting Fellow und Leiterin des Labors für Angewandte Mechanobiologie an der ETH Zürich, betreut hat. Kollert, Erstautor der Publikation, ergänzt: „Diese einfachen Manipulationen führten zu beeindruckenden Veränderungen der Gewebemechanik. Wir konnten bis zu vierfach erhöhte Steifigkeiten messen, wodurch sich die fühlbare Konsistenz einer Gewebeprobe von schwammig zu hart wandelte, sowie deutlich schnellere Relaxationszeiten.“

Tiefergehende Interpretation konventioneller MRT für die klinische Anwendung

Das bildgebende Verfahren der konventionellen quantitativen MRT erfasst vor allem Unterschiede in der Gewebehydratation, z.B. Wassereinlagerungen. Diese Studie demonstriert das Potenzial, durch quantitative MRT vertiefte Einblicke in biophysikalische EZM-Eigenschaften zu gewinnen, indem Veränderungen der Wasserbindungsfunktion von Matrixkomponenten mit Veränderungen mechanischer Parameter wie Steifigkeit und Viskosität verknüpft werden. Diese Fortschritte wurden in Zusammenarbeit mit Dr. Martin Krämer und Prof. Jürgen Reichenbach von der Arbeitsgruppe Medizinische Physik in Jena sowie durch ihre umfassenden MRT-Experimente und die sorgfältige Sequenzentwicklung ermöglicht. In einer in-vivo MRT-Pilotstudie zu entzündlicher Achillessehnen-Tendinopathie in Zusammenarbeit mit Oberarzt Dr. Serafeim Tsitsilonis der Charité – Universitätsmedizin Berlin, zeigten die Scans ähnliche MRT-Signalveränderungen wie bei den modifizierten ex vivo Gewebeproben. Dies deutet darauf hin, dass die entwickelten Protokolle für kombiniertes T1- und T2*-Mapping in der klinischen Praxis einsetzbar sind und perspektivisch eine differenziertere nichtinvasive Diagnostik des Gewebezustands ermöglichen können. Tsitsilonis betont: „Solche Methoden könnten uns Unfallchirurgen und Orthopädinnen dabei helfen, pathologische Veränderungen in Sehnen besser einzuschätzen – was gerade bei diesem Gewebe, das sich seit Langem nur schwer bildlich darstellen und objektiv beurteilen lässt, von besonderem Nutzen wäre.“

Erkenntnisse und Ausblick

Durch die Analyse des Zusammenspiels zwischen osmotischem Milieu, Wasserbindungseigenschaften und mechanischen Merkmalen der EZM, vertieft diese Arbeit nicht nur ein grundlegendes Verständnis der Physiologie extrazellulärer Matrix, sondern kann auch die Entwicklung neuartiger Biomaterialien und krankheitsmodellierender Strategien anregen, die die Untersuchung von Erkrankungen mit dysregulierten EZM‑Eigenschaften adressieren. Duda ergänzt: „Diese Einblicke in Gewebeeigenschaften zusammen mit unseren umfangreichen MRT‑Daten ebnen den Weg für fortschrittlichere diagnostische Verfahren, die therapeutische Entscheidungen besser unterstützen können. Zudem reichen die Implikationen unserer Erkenntnisse weit über Sehnenpathologien hinaus in andere Bereiche, in denen Entzündungen Gewebeeigenschaften und Wasseraufnahme verändern, etwa bei Krebs, kardiovaskulären Entzündungen oder Kachexie – wo Veränderungen der extrazellulären Matrix als wichtiger Marker für Gewebeheilung oder Krankheitsfortschritt gelten.

Pressekontakt

Konstanze Pflüger

Leitung Stabsstelle Kommunikation, Pressesprecherin

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