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Impfungen und umfangreiche Teststrategien sind die wichtigsten Werkzeuge, um die COVID-19-Pandemie zu bewältigen. Darüber hinaus werden aber auch wirksame und sichere Arzneimittel benötigt, um die erkrankten Patient*innen zu behandeln. Vor diesem Hintergrund fördert das BMBF die Medikamentenforschung gegen COVID-19. „Auch in Zukunft müssen wir leider damit rechnen, dass Menschen weiter an COVID-19 erkranken werden. Wir brauchen daher dringend weitere wirksame Medikamente“, sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek anlässlich der Bekanntgabe von acht geförderten Vorhaben mit dem Ziel, solche Medikamente zu entwickeln.

Überschießende Immunantwort richtet Schaden an

Eines dieser Vorhaben beruht auf Forschungsarbeiten aus dem BIH: Professor Roland Eils, Gründungsdirektor des Zentrums für Digitale Gesundheit am Berlin Institute of Health (BIH) und Irina Lehmann, BIH Professorin für Umweltepigenetik und Lungenforschung, hatten gemeinsam mit Kolleg*innen aus der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Universitätsklinikums Leipzig herausgefunden, dass das Immunsystem eine entscheidende Rolle bei schweren Krankheitsverläufen von COVID-19 spielt: „Wir haben anhand von Einzelzellanalysen entdeckt, dass die vom Virus befallenen Epithelzellen „das Immunsystem zu Hilfe rufen“. Doch die daraufhin einwandernden Immunzellen schießen gelegentlich über das Ziel hinaus und richten mit ihrer übersteigerten Reaktion teilweise größeren Schaden an als das Virus selbst. Uns war deshalb klar, dass eine Therapie immer auch das Immunsystem mit berücksichtigen muss,“ sagt Roland Eils.

Beim Einwandern der Immunzellen in die Atemwege sind Botenstoffe des Immunsystems beteiligt, so genannte Chemokine. Epithelzellen und aktivierte Immunzellen schütten diese aus und locken damit weitere Immunzellen an. Die Immunzellen besitzen Chemokin-Rezeptoren auf ihrer Zelloberfläche, mit denen sie die Hilferufe „empfangen“ können. „In unseren Studien mit Einzelzell-Analysen haben wir gesehen, dass vor allem einer dieser Rezeptoren, der Chemokin-Rezeptor 1 (CCR1) mit einer überschießenden Immunantwort und schweren COVID-19-Verläufen verbunden war“, berichtet Irina Lehmann. „Wir hatten deshalb die Idee, diesen Rezeptor zu blockieren, um die überschießende Immunantwort zu dämpfen.“

Wirkstoff von Bayer erhält zweite Chance

Die Wissenschaftler*innen um Eils und Lehmann gingen deshalb auf die Suche nach bereits bekannten Blockern dieses Rezeptors – und wurden tatsächlich fündig bei Bayer. „Wir hatten eine Substanz entwickelt, die bei chronischen Entzündungen helfen sollte, etwa Autoimmunerkrankungen“, berichtet Philip Larsen, Global Head of Research and Early Development von Bayer. „Auch dort spielt der Rezeptor CCR1 eine Rolle. Die Substanz erwies sich als sehr gut verträglich, zeigte aber leider nicht die gewünschte Wirkung bei chronischen Entzündungserkrankungen. Bei COVID-19 jedoch, bei der eine akute, überschießende Immunreaktion gebremst werden soll, könnte sie sich als hilfreich erweisen. Genau das wollen wir jetzt mit den Kolleginnen und Kollegen vom BIH testen.“

In der geplanten multi-zentrischen CATCOVID Studie, an der neben der Charité die Universitätskliniken Leipzig und Würzburg sowie das BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin als Prüfzentren beteiligt sind,  erhält der Wirkstoff nun eine zweite Chance: Aufgrund der bereits vorliegenden Studiendaten können die Wissenschaftler*innen direkt mit der Phase II beginnen, was einen enormen zeitlichen Vorsprung bietet. „Bayer hat bereits mit der Herstellung der Substanzformulierung begonnen, so dass wir in wenigen Monaten die ersten Patientinnen und Patienten in die Studie einschließen können“, sagt Roland Eils. Professor Christopher Baum, Vorsitzender des BIH Direktoriums und Vorstand des Translationsforschungsbereichs der Charité, ergänzt: „ Dies ist ein exzellenter Beleg für eine schnelle Translation von Forschungsergebnissen des BIH in eine Klinische Studie. Und natürlich hoffen wir sehr, dass wir mit dieser Substanz den COVID-19 Patient*innen und Patienten helfen können.“

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