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Die Gruppe um PD. Dr. Antonia Busse, Funktionsoberärztin an der Medizinischen Klinik III am Charité Campus Benjamin Franklin und gleichzeitig Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Immuntherapie, und Professor Dr. med Antonio Pezzutto, der eine Seniorprofessur für Translationale Forschung an der Charité innehat, entwickelt eine neue T-Zell-Rezeptor (TCR) T-Zelltherapie, die eine der häufigsten in B-Zell Lymphomen gefundene Treibermutationen MyD88-L265P spezifisch erkennt. Ihre Ergebnisse der präklinischen Entwicklung haben die Wissenschaftler*innen kürzlich im Journal for ImmunoTherapy of Cancer publiziert.*

Die Gruppe hat ein autologes in vitro Kultursystem entwickelt, um neoantigenspezifische und somit vollständig tumorspezifische TCR für die spätere klinische Anwendung im Rahmen einer adoptiven T-Zelltherapie aus dem humanen System zu isolieren. Mit Hilfe dieser Technologie konnten sie einen TCR identifizieren, TCR2304, der spezifisch das mutierte Epitop des Signalproteins MyD88 mit der Treiberpunktmutation L265P erkennt, jedoch nicht das Wildtyp-Peptid. Die Erkennung des Antigens durch den TCR erfolgt abhängig vom MHC Molekül HLA-B7. (MHC Moleküle sind auf fast allen Zellen des Organismus zu finden und präsentieren Peptide auf der Zelloberfläche, um Immunzellen zu aktivieren, die fremde Epitope z.B. von Krankheitserregern oder Tumoren erkennen.)

Das Projekt wird seit Januar 2020 durch SPARK-BIH gefördert – SPARK-BIH ist ein Mentoring-Programm von Charité BIH Innovation, ursprünglich aus Stanford kommend, das akademische Erfindungen durch Ausbildung, Projektmanagement, Mentoring und meilensteinabhängige Finanzierung unterstützt. Mit Hilfe der SPARK-BIH Förderung konnte das Team die präklinische Entwicklung des neuen TCR Kandidaten zielstrebig vorantreiben. Darüber hinaus wird das Team kontinuierlich durch das Patente & Lizenzen Team von Charité BIH Innovation unterstützt, wie z.B. bei der Patentanmeldung und einer WIPANO Förderung. In ihrer Publikation konnten PD. Dr. Antonia Busse, Prof. Dr. Antonio Pezzutto und ihre Kollegen*innen nun zeigen, dass TCR2304 transduzierte T-Zellen gezielt HLA-B7-positive Lymphomzellen, die endogen die MyD88-L265P-Mutation exprimieren, erkennen und gezielt zerstören.  Die Ergebnisse zeigen nicht nur die Effektivität des TCRs, sondern auch, dass das mutierte Epitop tatsächlich vom Proteasom prozessiert und von HLA-B7-positiven Zellen auf der Zelloberfläche präsentiert werden kann. Ferner konnte die Gruppe die Effektivität einer adoptiven T Zelltherapie mit diesem mutationsspezifischen TCR in verschiedenen Xenograft-Mausmodellen zeigen. Ziel ist es, diesen TCR nun zur klinischen Anwendung zu bringen und den Prozess der Herstellung des Zellproduktes zu etablieren.

Der TCR soll v.a. für die Behandlung von MyD88-L265P mutierten hochmalignen B-Zell-Lymphomen wie das diffus-großzellige B-Zell Lymphom (DLBCL) und das primäre ZNS-Lymphom (PCNSL) entwickelt werden. Ziel ist es mit dieser absolut tumorspezifischen Therapie Langzeitremission zu erzielen bei gleichzeitig günstigem Nebenwirkungsprofil.  

Als Präzisionsimmuntherapie kommt es nur für eine kleine Gruppe der Patienten mit hochmalignen Lymphomen in Frage. Neben dem Vorliegen der MyD88-L265P Mutation ist die HLA-B7-Expression auf den Lymphomzellen eine wesentliche Voraussetzung. Aufgrund der potentiell höheren Effektivität im Vergleich zu Standardtherapien hat der TCR aber das Potential zum „Niche-Buster“. Im Gegensatz zur CAR-T-Zelltherapie können mit der TCR-T-Zelltherapie auch intrazellulär exprimierte Antigene und vor allem gezielt Neoantigene adressiert werden. Damit könnte die TCR-T-Zelltherapie gegen die onkogene MyD88-L265P Mutation eine gezielte, personalisierte tumorspezifische Therapie für Lymphompatienten ermöglichen.

*Originalpublikation: Özcan Çınar, Bernadette Brzezicha, Corinna Grunert, Peter Michael Kloetzel, Christin Beier, Caroline Anna Peuker, Ulrich Keller, Antonio Pezzutto #, Antonia Busse #, „High-affinity T-cell receptor specific for MyD88 L265P mutation for adoptive T-cell therapy of B-cell malignancies“; J Immunother Cancer. 2021 Jul;9(7):e002410. doi: 10.1136/jitc-2021-002410.