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Krebs ist eine Volkskrankheit: Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 500.000 Menschen daran, etwa die Hälfte verstirbt an ihrer Krankheit. Doch um dieser Krankheit in der Forschung und der Behandlung, der Diagnostik und Prävention etwas entgegensetzen zu können, bedarf es weit mehr Informationen: Wer erkrankt an welcher Krebsart? In welchem Stadium wird der Krebs diagnostiziert? Wer überlebt wie lange? Nach welcher Behandlung? Gibt es regionale Unterschiede? In welchem Alter treten die meisten Krebsfälle auf? Viele dieser Daten werden erhoben, doch in der Regel nach Bundesland getrennt, jedes Krankenhaus und jeder niedergelassene Onkologe und Pathologe hat unterschiedliche Systeme, nicht überall wird nach den gleichen Standards diagnostiziert und dokumentiert. Der Einheitliche Onkologische Basisdatensatz der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V. (ADT) und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (GEKID) ist ein wichtiger Austauschstandard für Register, bildet aber nicht alle Anforderungen der Onkologen an eine präzise onkologische Dokumentation ab. „Es ist daher schwierig, aus den unterschiedlichen Daten die richtigen Schlüsse zu ziehen“, erklärt Professorin Sylvia Thun. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Daten aus den einzelnen Krebsregistern und aus onkologischen Patientenakten miteinander vergleichbar und gemeinsam nutzbar sind, damit wir den größten Nutzen aus ihnen ziehen können.“

Standards bei den Krebsdaten

Sylvia Thuns Expertise ist die Interoperabilität von Daten. Darunter versteht sie bestimmte Standards, in denen Daten erhoben werden, so dass sie miteinander kommunizieren und ausgewertet werden können: „Wenn jeder seine Daten in seiner eigenen Softwaresprache und Terminologie eingibt, ist die Kommunikation zwischen Maschinen und Menschen nicht möglich“, verdeutlicht sie das Problem. „Man weiß schon so ungefähr, was dokumentiert wurde, aber es kann zu schweren Missverständnissen kommen. Wir brauchen daher Kommunikationsstandards bei den Krebsdaten“, fordert die Medizinerin und Digitalexpertin Thun. „Nur dann können wir zum Beispiel erkennen, in welchen Stadien bestimmte Krebsarten entdeckt werden und hier möglicherweise sinnvollere Früherkennungsmaßnahmen einführen. Oder wenn in einem Gebiet ein bestimmter Krebs sehr viel häufiger oder seltener als anderswo auftritt, nach den Ursachen fahnden.“

Digitalisierung könnte helfen

Ein weiteres Problem ist die zeitliche Verzögerung der Meldungen: Die Bundesländer melden ihre Krebsdaten häufig erst Monate später ans RKI. „Hier könnte die Digitalisierung helfen“, ist Sylvia Thun überzeugt. „So dass man die Daten nur einmal eingeben muss, z.B. in der Patientenakte und sie direkt auch ans RKI gehen. Deutschlands Krankenhäuser haben noch keinen besonders hohen digitalen Reifegrad“, sagt Sylvia Thun, „durchschnittlich erreichen sie auf einer Skala 33 Punkte von 100. Da ist noch Luft nach oben, und das würde auch der Krebsregistrierung helfen.“

Vorreiter für andere Register?

Professor Christopher Baum, Vorsitzender des BIH-Direktoriums und Vorstand des Translationsforschungsbereichs der Charité – Universitätsmedizin Berlin, sieht in der Berufung von Sylvia Thun einen enorm wichtigen Beitrag für den Beirat beim Zentrum für Krebsregisterdaten. „Die Krebsregister haben sicher eine Vorreiterrolle auch für andere Registerarbeiten, zumal Krebs alle Fächer der Medizin betrifft und wir trotz jahrelanger Vorarbeiten beim Aufbau von Krebsregistern keine wirksame Datenintegration schaffen konnten.“

Sylvia Thun ist ebenfalls Vorsitzende des Spitzenverbands IT-Standards im Gesundheitswesen (SITiG), leitete viele Jahre die Standardorganisationen IHE und HL7 Deutschland und ist als Expertin aktiv bei DIN, CEN und ISO.

Weitere Informationen:

https://www.bihealth.org/de/aktuell/sylvia-thun-setzt-standards-fuer-medizinische-daten

Core Unit Interoperabilität am BIH:
https://www.bihealth.org/de/forschung/wissenschaftliche-infrastruktur/core-facilities/interoperabilitaet/home

Sylvia Thun erklärt im BIH-Podcast, was Interoperabilität ist:
https://www.bihealth.org/de/aktuell/was-ist-interoperabilitaet

Sylvia Thun erhält das Bundesverdienstkreuz:
https://www.bihealth.org/de/aktuell/bundesverdienstkreuz-fuer-sylvia-thun

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