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Dr. Dr. René Hägerling erforscht Blut- und Lymphgefäße. „Mich interessiert, wie sie wachsen, wie sie sich verzweigen, und vor allem, warum das manchmal schief geht“, erklärt der Arzt und Chemiker, der am BIH Center for Regenerative Therapies und am Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik an der Charité – Universitätsmedizin Berlin forscht. Denn manche Menschen leiden an erblich bedingten Fehlbildungen von Lymph- oder Blutgefäßen. Fehler in bestimmten Genen, die Wachstum und Teilung der Gefäße beeinflussen, bewirken, dass die Gefäße unkontrolliert wachsen, ihre Architektur verändern und "aussacken", so dass im Körper oder auf der Haut z.T. flüssigkeitsgefüllte Blasen entstehen. "Je nach Größe der Veränderung und dem betroffenen Gewebe kann das Problem rein kosmetisch oder lebensbedrohlich sein", erklärt René Hägerling. "Und bislang kann man zu wenig ursächlich dagegen unternehmen."

Bessere Diagnostik für bessere Therapie

Weil die Krankheit in der Regel angeboren ist, kommen die Betroffenen oft schon im Kindesalter ins Krankenhaus. "Dort können wir die Gefäßfehlbildungen manchmal chirurgisch beheben, aber wo das nicht möglich ist, sind wir auf starke, wachstumshemmende Medikamente angewiesen. Von denen wir leider nicht im Voraus wissen, ob sie dem Patienten oder der Patientin wirklich helfen", beschreibt Hägerling, der auch Teilnehmer des BIH Charité Clinician Scientist Programms ist, seine Motivation.

Zunächst möchte der Wissenschaftler die Diagnostik verbessern. "Blutgefäße wachsen in alle Richtungen, deshalb reicht die zweidimensionale Mikroskopie an Gewebeschnitten nicht aus. Wir verwenden daher die so genannte Lichtblattmikroskopie, bei der kein Lichtstrahl, sondern eine ganze Lichtebene das Gewebe durchleuchtet." Unterstützt durch das Berliner Startup Stipendium, den Digital Health Accelerator des BIH sowie das EXIST-Forschungstransfer Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriumsentwickelte das Team um Hägerling daraufhin einen „Workflow“, der von der Probenvorbereitung über die Mikroskopie und Bildanalyse bis hin zur Diagnosestellung vollautomatisch abläuft. Für die Anfärbung nutzen sie dabei so genannte Nanobodies, besonders kleine Antikörper, die mit fluoreszierenden Farbstoffen gekoppelt werden und aufgrund ihrer geringen Größe leicht das Gewebe durchdringen können.

Kombination aus Mikroskopie und Genetik

„Wir können unsere Bildanalysen sogar mit molekulargenetischen Methoden kombinieren“, berichtet Hägerling, "und hoffen, dabei neue Gene zu entdecken, die für die Fehlbildungen der Gefäße verantwortlich sind. Wenn wir Glück haben, sind Gene dabei, die man schon aus anderem Zusammenhang kennt und für die es schon Medikamente gibt, die man nutzen könnte." Kein abwegiger Gedanke, denn einige Gene, die bei Gefäßfehlbildungen eine Rolle spielen, sind bereits aus der Krebsforschung bekannt. "Auch hier ist ja übermäßiges Wachstum das Problem, daher können Substanzen, die gezielt das Wachstum blockieren, auch hier helfen", erklärt René Hägerling. Aber leider gibt es nicht das eine Medikament, das allen hilft. Und genau hier setzt das neue Versorgungskonzept der BIH Arbeitsgruppe "Lymphovaskuläre Medizin und Translationale 3D-Histopathologie" an.

"Wir sind inspiriert durch die Präzisionsmedizin in der Krebsbehandlung", erklärt Renè Hägerling. "Wir wollen Patienten genau die Behandlung anbieten, die ihre persönliche Erkrankung an der Wurzel packt. Wir sind überzeugt, dass unser Konzept aus Präzisionsdiagnostik und zielgerichteter Therapie als Role Model für auch andere Seltene Erkrankungen, wie z.B. Überwuchssyndrome, dienen kann und damit mittel- bis langfristig die Versorgung von vielen Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen verbessern kann."

Über den ERC-Starting Grant

Die Gutachter*innen des Europäischen Forschungsrates suchen nach ungewöhnlichen Ansätzen, die – sofern sie funktionieren – Türen aufstoßen und erheblichen Fortschritt ermöglichen können. Die Kandidat*innen müssen seit ihrer Promotion zwei bis sieben Jahre Erfahrung gesammelt haben und vielversprechende wissenschaftliche Erfolge vorweisen können. Die begehrte Auszeichnung ist mit einer Förderung in Höhe von jeweils etwa 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre verbunden. Damit können Nachwuchsforscher*innen eigene Teams aufbauen und „high risk, high reward“-Forschung betreiben.

Grant Agreement No. InteractOmics   101078713

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